Orthopäde Dr. Schuh, Spezialist für Fuß und Sprunggelenk, erzählt, mit welchen Anliegen Rheuma-Betroffene ihn aufsuchen und gibt hilfreiche Tipps.
Wie häufig sind Fußbeschwerden?
Auch ohne Rheuma bleibt sehr vielen Menschen der Gang zum Orthopäden wegen Fußproblemen nicht erspart. Die meisten werden irgendwann in ihrem Leben mit den Themen Fußgymnastik, Fehlstellungen und Einlagen konfrontiert.
Füße und Sprunggelenke sind jedenfalls sehr häufig von Beschwerden betroffene Körperstellen bei rheumatoiden Erkrankungen, erklärt OA Priv. Doz. Dr. Schuh. Durch seine langjährige Tätigkeit im Rheuma-Team der Universitätsklinik für Orthopädie an der Medizinischen Universität Wien verfügt er über große Erfahrung in der Behandlung von Arthritis am Fuß. Er kennt die typischen Beschwerden der Betroffenen und weiß, wie er ihnen bestmöglich helfen kann.
Typische Beschwerden der Betroffenen
„Bei meiner täglichen Arbeit in der Ordination werde ich immer wieder wegen der typischen Symptome einer Arthritis im Sprunggelenk aufgesucht. Dazu gehören Fußschmerzen, Schwellungen, Überwärmung und Rötung. Zudem ist häufig die Mobilität des Gelenkes, vor allem morgens unmittelbar nach dem Aufstehen, eingeschränkt. Diese Einschränkung gibt sich typischerweise nach wenigen Stunden wieder. Außerdem treten die Beschwerden oft in Schüben auf, wobei sich die Intensität der Schübe von Mal zu Mal verschlimmern kann. In weiterer Folge kommt es häufig auch zu Fuß-Fehlstellungen (z.B. Plattfuß) und zur Zerstörung der Gelenke“, so der Experte. Dem lässt sich jedoch mit einer adäquaten Behandlung entgegenwirken.
Ein klassisches Problem der RheumatikerInnen ist der Spreizfuß, also das abgesenkte Quergewölbe des Vorfußes, schildert Dr. Schuh. Mit diesem Krankheitsbild sieht man als Orthopäde oder Orthopädin die PatientInnen durchaus schon in früheren Stadien der Erkrankung, erläutert der Facharzt weiter.
Erleichterung durch moderne Therapien
„Erfreulicherweise fällt aber auf, dass mit Einführung der modernen Medikation und der Biologika viele Beschwerden stark zurückgegangen sind und die Betroffenen viel weniger unter Schmerzen oder Schwellungen der Kleingelenke leiden. Dadurch wird man als Orthopäde oft erst in einem sehr späten Stadium aufgesucht. Die PatientInnen kommen vor allem dann, wenn der Fuß schon deutlich deformiert ist. Auch die früher sehr häufige operative Entfernung der entzündeten Gelenkinnenhaut (Frühsynovectomie) ist dank der modernen Therapien Gott sei Dank fast gänzlich verschwunden.“
Bitte frühzeitig zum Orthopäden…
…so der Rat des Experten: „Wenn Sie wissen, dass Sie von rheumatoider Arthritis betroffen sind und länger andauernde Beschwerden im Bereich von Fuß und Sprunggelenk haben, dann sollten Sie das möglichst früh begutachten lassen. Denn so kann man einerseits mit funktioneller Therapie, also mit Kräftigungsübungen und dergleichen sowie andererseits auch mit Einlagenversorgung gegensteuern. Das hilft, Folgeschäden zu reduzieren oder zu vermeiden“, betont Dr. Schuh.
Geeignete Therapien für die Fußgesundheit bei Rheuma
Grundsätzlich erfolgt die Therapie der PatientInnen mit rheumatoider Arthritis gemeinsam mit RheumatologInnen, Physio- und ErgotherapeutInnen sowie OrthopädietechnikerInnen. Zusätzlich muss eine medikamentöse Basistherapie erfolgen, die die Gelenkreizung verhindert, erläutert der Orthopäde.
Vorbeugende Tipps für „Happy Feet“
- Fußgymnastik – alleine oder mit PhysiotherapeutInnen
Wie man vorbeugend unterstützen kann, hängt sehr vom einzelnen Beschwerdebild ab. Je nachdem, was zugrunde liegt, werden individualisierte Therapiepläne erstellt, erklärt Dr. Schuh. „Bei einfachen Fehlstellungen, Fehlbelastungen oder Fehlhaltungen zeige ich den PatientInnen geeignete Übungen, die sie dann selbständig und regelmäßig zu Hause machen sollten. Sind die Beschwerden ausgeprägter und kommt man zu dem Schluss, dass mehr gemacht werden sollte, dann ist es sinnvoll, das unter Anleitung eines Therapeuten oder einer Therapeutin zu tun. Ich überweise meine PatientInnen in dem Fall an geeignete Experten weiter.“
- Konsequent dranbleiben – regelmäßig üben & kräftigen
Der erfahrene Orthopäde betont: „So oder so, wesentlich ist, dass man die Übungen auch eigenständig und vor allem konsequent macht. Das ist ähnlich wie bei der Kräftigung der Rückenmuskulatur – damit vergleiche ich das gerne. Aber natürlich ist es sinnvoll, die Übungen zumindest einige Male angeleitet durchzuführen.“
„Um konkret zu sein: ‘regelmäßig’ bedeutet, man sollte die Übungen wirklich täglich machen. Wir wissen alle, dass es in Wahrheit bei den meisten Menschen leider etwas weniger oft sein wird. Man hat ja auch anderes zu tun, als seine Füße zu kräftigen. Aber vom therapeutischen Nutzen her wäre täglich optimal. Der Therapieerfolg ist dabei ganz eindeutig eine Funktion der Konsequenz und der Nachhaltigkeit“, stellt der Experte klar.
- Barfuß gehen
Solange keine Begleiterkrankungen vorliegen, die die Tiefenwahrnehmung und die Gefühlswahrnehmung des Fußes beeinträchtigen, oder ganz massive Fehlstellungen bestehen, die einer Operation bedürfen, ist barfuß zu gehen auch für Betroffene mit einem rheumatischen Krankheitsbild (ebenso wie für nicht Betroffene) sehr gut, meint der Orthopäde.
Aus eigener Erfahrung
„Als Jugendlicher hatte ich selbst leichte Knick-Plattfüße und habe, aus dem Leistungssport kommend, wirklich höchst konsequent täglich Fußgymnastik gemacht. Über mehrere Jahre hindurch habe ich so diese Fehlstellung komplett wegbekommen“, erzählt Dr. Schuh, weshalb er so überzeugt von der Wirkung kräftigender Übungen ist.
Ehrlicherweise gesteht er, aktuell, nachdem er keine Fehlstellung mehr hat, relativ wenig für seine Fußgesundheit zu tun. Es dürfe durchaus mehr sein, da stelle er selbst keine Ausnahme dar. Dr. Schuh versucht jedoch, barfuß zu gehen, wenn sich die Möglichkeit bietet und verwendet Barfußschuhe beim Laufsport.
Die zwei wichtigsten Tipps von Dr. Schuh: 1. Gehen Sie frühzeitig zum Spezialisten. Lassen Sie Beschwerden von einem Spezialisten anschauen, so übersieht man nichts und kann unter Umständen noch gegensteuern. 2. Seien Sie konsequent bei Ihren Therapien. Egal ob physikalische Therapie, Physiotherapie oder Übungen Zuhause – führen Sie diese regelmäßig durch. Lassen Sie Ihre medikamentöse Therapie vom Facharzt gut einstellen und nehmen Sie diese konsequent ein. Das hilft, ausgeprägte Deformitäten und oft auch Operationen weitestgehend zu vermeiden. |
Abschließend mutmachende Worte des Fußspezialisten
Bleiben Sie geduldig, bleiben Sie dran. All diese Tipps wirken nicht unmittelbar, aber mittelfristig tun Sie sich damit etwas Gutes, verspricht Dr. Schuh.
„Ich persönlich beobachte in meinem Bereich über die Jahre, dass die Anzahl der Patienten mit rheumatoider Arthritis, die wirklich ganz schwere Deformitäten haben, die auch operiert werden müssen, deutlich rückläufig ist. Auch meine Kollegen sind unisono der gleichen Auffassung. Das zeigt, dass vorbeugende Maßnahmen und die medikamentösen Therapien der Rheumatologen Wirkung zeigen“, schildert der Orthopäde aus der Praxis.
Wie Einlagen und orthopädische Schuhe helfen können, lesen Sie im zweiten Teil des Artikels.
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