Das beste Medikament kann seine volle Wirksamkeit nicht entfalten, wenn Patienten ständigen Sorgen, Ängsten oder gar Depressionen ausgesetzt sind, berichtet die Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin Mag. Doris Wolf über die Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit mit OA Dr. Raimund Lunzer, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz.
Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit OA Dr. Lunzer gekommen?
Mag. Wolf:
In meiner klinisch-psychologischen Praxis bin ich immer sehr an positiven Erfahrungen meiner Klienten mit Ärzten interessiert. Meine Klienten haben mir immer wieder von einem Rheumatologen erzählt, der einerseits empathisch, anderseits fachlich sehr kompetent auf Sie zugegangen ist. Da hab ich mit OA Dr. Lunzer Kontakt aufgenommen, weil ich mir eine Zusammenarbeit mit genau solchen Ärzten für die optimale Versorgung meiner Klienten wünsche. Das war vor rund 5 Jahren.
Was hat diese Zusammenarbeit Ihnen persönlich gezeigt?
Dr. Lunzer:
Die Unterstützung und die Fragestellungen in Bezug auf Krankheitsaktivitäten haben sich bei mir individuell verbessert. Wenn der Patient auf Fragen nach dem aktuellen Wohlbefinden und der regelmäßigen Medikamenteneinnahme mit einer Verzögerung oder Unsicherheit antwortet, dann ist eventuell zu vermuten, dass es eine Problematik in der Therapietreue (Adhärenz) geben kann.
Mag. Wolf:
Unsere Kooperation erlebe ich als sehr fruchtbar in Bezug auf die Optimierung der Lebensqualität unserer Patienten, aber auch darauf, dass wir ständig voneinander lernen, neue Einblicke gewinnen und so ein noch besseres Verständnis für unsere Patienten entwickeln können. So können wir chronisch kranken Menschen eine evidenzbasierte interdisziplinäre Behandlung zukommen lassen.
Welchen Nutzen haben die Patienten von dieser Zusammenarbeit?
Mag. Wolf:
Wir verfügen im Bereich rheumatischer Erkrankungen über hoch wirksame Medikamente. Doch das beste Medikament wird seine volle Wirksamkeit nicht entfalten können, wenn Patienten ständigen Stressoren, Sorgen, Ängsten oder gar – wie sehr oft – Depressionen ausgesetzt sind. Diese Belastungen sowie Schmerzen aktivieren ständig das Stress-System, das – wie wir aus zahlreichen Studien wissen – die Entzündungen im Körper weiter anfeuert.
Depressive Menschen können die Medikamente oftmals nicht richtig einnehmen bzw. die Ratschläge ihrer Ärzte aufgrund ihres Stimmungstiefs und Energiemangels nicht befolgen. Hier können wir Klinischen Psychologen unterstützend begleiten und wenn nötig, parallel zur ärztlichen Versorgung, eine professionelle Depressionsbehandlung durchführen. Mittels Wissensvermittlung von Schmerzmodulationstechniken können wir Betroffenen zeigen, was sie selbst dazu beitragen können, damit sich die Wirkung ihrer Medikamente optimal entfalten kann.
Dr. Lunzer:
Die Therapieadhärenz kann sich durch besseres Verständnis deutlich steigern lassen und es geht ihnen „besser“. Das sind entscheidende Parameter für den Patienten. Man darf nicht vergessen, dass das subjektive Wohlbefinden des Patienten eng mit dem Schmerz zusammenhängt. Und wenn der Schmerz besser wird bzw. der Betroffene den Schmerz besser bewältigen kann, dann ist es als behandelnder Arzt empfehlenswert, sich daran zu orientieren.
Was sind die weiteren Pläne?
Dr. Lunzer:
Aufgrund der guten Erfahrungen werden Frau Mag. Wolf und ich am Thema dran bleiben. Denn Studien belegen, dass es 80% der Patienten mit einer klinisch-psychologischen Behandlung deutlich besser geht und sich die Therapietreue (sog. Adhärenz) bei den Patienten nachweislich gesteigert hat
Mag. Wolf:
Ich habe im Berufsverband Österreichischer PsychologInnen die Arbeitsgruppe „Psychorheumatologie“ gegründet. Diese hat den Zweck, die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen, pflegenden Angehörigen, Ärzten und anderen Gesundheitsberufen zu fördern und die fachliche Kompetenz von Psychologen ständig zu erweitern. Im interdisziplinären Team rund um den Rheumapatienten können wir fächerübergreifend und miteinander unsere „therapeutischen Schatztruhen“ füllen, um ihn rundum optimal zu versorgen. Weiters setze ich mich dafür ein, dass die klinisch-psychologische Behandlung in das ASVG aufgenommen wird und somit auch einmal „auf Krankenschein“ erhältlich sein kann.
Hinweis zur besseren Lesbarkeit:
Die Formulierungen sind in männlicher Form gehalten (Patient, Patienten); vor allem wenn es sich um die Bezeichnung von Berufsgruppen (Arzt, Ärzte) handelt. Selbstverständlich sind damit auch alle weiblichen Formen (Patientin, Patientinnen und Ärztin, Ärztinnen) gemeint.
AT/RA/0319/0004
Titelbild: © WavebreakMediaMicro/Adobe Stock
Porträtfoto Mag. Doris Wolf: © Atelier Jungwirth
Porträtfoto OA Dr. Raimund Lunzer: © OA Dr. Raimund Lunzer