Ein gutes Leben mit Rheuma ist möglich, weiß Mag. Maria Thaller, Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin, aus ihrem beruflichen Alltag mit RA-Patienten. Wie die Kommunikation und Unterstützung innerhalb der Familie funktionieren kann, berichtet sie im Interview.
Womit sind Betroffene im Umgang mit ihrer Erkrankung im Alltag konfrontiert?
Viele Betroffene leiden vor allem morgens unter steifen Gelenken und Schmerzen, sodass sie Mühe haben, aufzustehen. Haushaltstätigkeiten wie Kochen und Putzen, aber auch das Spielen mit Kindern und Freizeitbeschäftigungen, können dadurch anstrengend sein.
Dazu kommt nicht selten chronische Müdigkeit (sog. Fatigue), die körperliche, emotionale, aber auch kognitive Einschränkungen mit sich bringen kann. Die Erschöpfung bessert sich durch normale Erholungsmechanismen nicht, und auch der Schlaf führt meist nicht zur Regeneration.
Wie sage ich meinen Familienangehörigen, dass ich RA habe?
Für wichtige Gespräche sollte man sich ausreichend Zeit nehmen und einen ruhigen Ort suchen. Betroffene können nahestehende Angehörige auch zum Arztgespräch mitnehmen, sodass alle offenen Fragen beantwortet werden können.
Bei Kindern als Angehörige hängen Art und Ausmaß der Information über RA vom Alter ab. Bei Vorschul- und Volksschulkindern kann man dem Kind z. B. mittels Zeichnungen oder einem Teddy erklären, wo man Schmerzen hat und was dagegen hilft. Man kann bspw. erklären, dass der Papa das Kind in den Kindergarten bringt, weil die Mama in der Früh etwas mehr Zeit braucht, um in Ruhe aufzustehen. Grundsätzlich sollten Kinder wahrheitsgemäße, altersentsprechende Informationen erhalten. Sie neigen nämlich zu Schuldgefühlen und könnten die Erkrankung eines Elternteils auf ihr eigenes „Fehlverhalten“ zurückführen.
Wie können Familienangehörige RA-Patienten im Umgang mit ihrer Erkrankung unterstützen?
Es kann gemeinsam überlegt werden, wie die bisherigen Gewohnheiten, die der Betroffene aufgrund der Krankheit nun als belastend empfindet, verändert werden können. Aufgaben im Haushalt können z. B. neu aufgeteilt oder Freizeitaktivitäten eher kurzfristig geplant werden.
Wo können sich Familien Rat und Unterstützung holen?
Hinsichtlich körperlicher Beschwerden, deren Behandlung und medikamentöser Nebenwirkungen ist die erste und wichtigste Ansprechperson in jedem Fall der behandelnde Arzt. Hilfreich ist es, sich auf das Arztgespräch schriftlich vorzubereiten, damit man nichts vergisst.
Darüber hinaus gibt es von der österreichischen Rheumaliga in allen Bundesländern Selbsthilfegruppen, die regelmäßige Treffen veranstalten und so Informationen und die Möglichkeit zum Austausch bieten. Nicht selten entwickeln sich dabei unter Menschen, die in der gleichen Situation sind, wertvolle Freundschaften.
Beim Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) gibt es seit etwa einem Jahr die Arbeitsgruppe „Psychorheumatologie“, deren Ziel eine bestmögliche Versorgung von Menschen mit rheumatischen Erkrankungen ist.
Wie lautet Ihr persönlicher Tipp für unsere Leser?
In meiner Praxis begegnen mir oft Menschen, die schon jahrelang an einer chronischen Erkrankung leiden. Trotz beruflicher und persönlicher Probleme haben sie aufgrund von Vorurteilen lange keine psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Wenn diese dann nach einigen psychologischen Einheiten eine positive Veränderung ihrer Beschwerden erfahren und eine bessere Lebensqualität haben, höre ich nicht selten: „Ich hätte viel früher zu Ihnen kommen sollen.“
Daher lautet mein Tipp für Menschen mit RA: Zögern Sie nicht und kontaktieren Sie rheumatologisch geschulte Psychologen! Wir helfen Ihnen im Umgang mit Ängsten, depressiven Verstimmungen, Schmerzen, chronischer Müdigkeit und anderen persönlichen und beruflichen Herausforderungen, die diese Erkrankung mit sich bringt. Ein gutes Leben mit Rheuma ist möglich!
AT/RA/0919/0027
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