OA Dr. Raimund Lunzer, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz hat mit uns über die Bedeutung von Bewegung bei rheumatoider Arthritis gesprochen.
Warum ist Bewegung bei rheumatoider Arthritis so wichtig?
Unsere Gelenke ernähren sich über Bewegung. Alleine diese Tatsache bringt die enorme Bedeutung von Bewegung bei Rheuma ja schon gut auf den Punkt. Stillstand führt hingegen zu einer Muskelatrophie (Muskelschwund), einer Instabilität am Gelenk. Durch Ausdauertraining und Kraftübungen kann man außerdem Entzündungsparameter und den Zytokinspiegel positiv beeinflussen.
Fazit: Je mehr man sich bewegt, desto stabiler ist der Körper. Wenn man sich als Rheuma-Patientin oder Patient also nicht genügend bewegt, kann sich das schnell negativ auf die Symptomatik auswirken.
Gibt es Sportarten, die bei Rheuma tabu sind?
Man sollte prinzipiell jeder Patientin und jedem Patient das ermöglichen, was sie oder er tun will. Ich kann zum Beispiel keinem Bergbauern, der gerne wandern geht, plötzlich die Unterwassertherapie anbieten, wenn er nicht schwimmen kann. Ich halte mich da gerne an das Motto „Was Freude bereitet, wird gemacht. Was weh tut, wird gelassen“.
Hier muss man aber auch hinzufügen: Wenn jemand mit Rheuma Kampfsport betreiben will, wird das natürlich schwierig. Ständige Schlagimpulse auf die Schulter oder die Hände sind in diesem Fall natürlich kontraproduktiv. Das gilt auch für Tennis oder Squash, wo extreme Start-Stop-Bewegungen sehr stark ausgeprägt sind. Da weiß man, dass das auf Dauer nicht gut tut. Wenn ein/e Rheuma-Patient*in aber leidenschaftlich gerne Tennis spielt und auch schon immer gespielt hat, dann wird es bestimmt eine Möglichkeit geben, das unter guter Anleitung auch weiterhin zu tun. Und was am Ende Schmerzen verursacht, wird der Patient/die Patientin hoffentlich ohnehin von selbst sein lassen.
Soll man bei Schmerzen (z. B. bei akuten Schüben) auf Bewegung verzichten?
Mir ist natürlich bewusst, dass Menschen mit Rheuma oft unter Schmerzen und Entzündungen leiden. Dann fällt Bewegung selbstverständlich schwerer. Deshalb ist es hierbei auch besonders wichtig, Bewegung unter guter Anleitung und mit professioneller Unterstützung aufrecht zu erhalten.
Für akute Schübe gibt es ja mittlerweile sehr wirksame Akut-Präparate. Der akute Schub dauert also bei meinen Patient*innen in der Regel etwa drei bis sechs Tage. In Bezug auf die Bewegung wird dann angepasst an den Schub vielleicht eine Zeit lang ein bisschen weniger möglich sein. Letztendlich gibt es aber nur wenige Situationen, wo die Bewegungstherapie nicht indiziert ist.
Welche Art der Bewegung ist bei Rheuma ideal?
Wie bei fast allen Dingen im Leben gilt auch bei Bewegung und Rheuma: Extreme sind zu vermeiden. Ansonsten ist meine Meinung: Egal was man macht, hauptsache man bleibt in Bewegung. Idealerweise sollte der Bewegungsrhythmus so abwechslungsreich wie möglich sein.
Für die Zukunft wäre es außerdem hilfreich, Patient*innen zu mehr Bewegung zu motivieren, indem deren unterschiedliche Präferenzen erfragt und die Empfehlungen anhand dessen adaptiert werden. Konkrete Bewegungsempfehlungen – insbesondere bei älteren Rheumatiker*innen – sollten in erster Linie unter Berücksichtigung des Aktivitätsniveaus und des aktuellen Funktionsniveaus ausgesprochen werden.
Was halten Sie von der Trendsportart Yoga bei Rheuma?
Ja, Yoga tut gut und Yoga ist gesund. Allerdings ist hierbei auch Vorsicht geboten, weil man in diesem Bewegungsrhythmus oft in eine gewisse Dehnung geht, die die Gelenke überfordern kann. Wenn man aber schon Jahre lang Yoga macht, sage ich natürlich: Bitte weitermachen. Man kann durch Yoga die Bewegung sehr gut erhalten. Hierbei muss man aber unterscheiden: Bei älteren Patient*innen ist natürlich Vorsicht geboten. Wenn man in der Gruppendynamik zum Übertreiben neigt und Bewegungen extremer ausführt, obwohl das Gelenk ohnehin schon entzündet und belastet ist, ist das natürlich kontraproduktiv.
Auch hier gilt also wieder: Alles unter entsprechender Anleitung und mit professioneller Unterstützung.
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