Begleiterkrankungen treten häufig mit der Diagnose Rheumatoide Arthritis auf. Mit der Krankheitsdauer der Rheumatoiden Arthritis steigt auch das Risiko Begleiterkrankungen zu entwickeln. So ist es gut, über mögliche Symptome Bescheid zu wissen, um im Anlassfall rasch handeln zu können, so OA Priv.-Doz. Dr. Roland Kocijan, Facharzt für Innere Medizin und Osteoporose-Spezialist im Interview.
Welche Begleiterkrankungen können bei RA-Patienten grundsätzlich auftreten?
Die Rheumatoide Arthritis ist eine systemische Erkrankung, die nicht nur die Gelenke, sondern auch den ganzen Körper betreffen kann. Dadurch kann es zu Begleiterkrankungen bei nahezu 8 von 10 RA-Patienten kommen. Hier reicht das Spektrum von Osteoporose über die Psyche bis hin zu einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Darüber hinaus können auch Lunge, Augen, Haut und Niere betroffen sein.
Was bedeutet das im Detail?
- Patienten mit RA haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Osteoporose und niedrig-traumatische Frakturen (wie z.B. Wirbelkörperfrakturen oder Unterarmfrakturen). Dies ist bereits bei der Diagnosestellung zu berücksichtigen und in adäquaten Abständen zu überprüfen.
- An der Haut kann es zu sogenannten Rheumaknoten kommen – vor allem an Fingern und Ellbogen. Wenn die RA auch Gefäße betrifft, können auch Hautausschläge auftreten.
- Auch eine Beteiligung der Augen ist bei RA möglich. Schmerzen, Rötungen, Lichtempfindlichkeit und Seheinschränkungen können erste Anzeichen sein.
- Eine Lungenbeteiligung ist ebenfalls möglich. Eine langanhaltende Entzündung im Rahmen der Rheumatoiden Arthritis kann zu einer interstitiellen Lungenerkrankung führen. Dies ist eine schwerwiegende Begleiterkrankung der Rheumatoiden Arthritis und mit reduzierter Lungenfunktion und Atemschwierigkeiten verbunden.
- Rheumatoide Arthritis kann darüber hinaus zu Atherosklerose, also Gefäßverkalkung, führen und damit zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Denn die Entzündungsprozesse bei RA und Herzerkrankungen sind sehr ähnlich: Die chronische Entzündung, die bei der RA die Gelenkshaut (Synovia) angreift, kann ebenfalls zu einer Erkrankung der inneren Gefäßhaut (Endothel) führen.
- Weiters kann eine Blutarmut bei RA-Patienten auftreten. Häufige Symptome sind Kopfschmerzen, Kraftlosigkeit oder Müdigkeit.
So vielseitig wie die Rheumatoide Arthritis ist, können auch die Begleiterkrankungen sein. Das zeigt, wie wichtig die individuelle Therapiegestaltung und die offene Kommunikation mit dem behandelnden Arzt über Symptome und Veränderungen sind.
Warum kommt es überhaupt zu diesen Begleiterkrankungen?
Es gibt zwei mögliche Ursachen.
Wie bereits erwähnt ist die Rheumatoide Arthritis eine systemische Erkrankung. Die Ursachen für mögliche Begleiterkrankungen liegen in der systemischen Entzündung, die mit der Erkrankung vergesellschaftet ist. Kurzum: In der Erkrankung selber. Denn die Entzündungszellen (Interleukin-6, TNF-alpha und Interleukin-1) können auch Begleiterkrankungen auslösen.
Darüber hinaus kann auch die medikamentöse Therapie der Rheumatoiden Arthritis ein Auslöser von Begleiterkrankungen sein. Wenn keine suffiziente (d.h. konventionelle, biologische oder „targeted“) Basistherapie besteht, muss oft auf Glukokortikoide (Kortison) zugegriffen werden, um die Krankheitsaktivität zu regulieren. Kortison hat eine gute nachgewiesene Wirkung auf die Entzündungsaktivität, verursacht jedoch mittel- und langfristig zahlreiche Nebenwirkungen. Zu nennen sind Ausdünnung der Haut, Osteoporose und erhöhtes Frakturrisiko sowie erhöhter Blutzuckerspiegel und das Risiko zur Entwicklung eines Diabetes (Blutzuckererkrankung) sowie die Erhöhung des Augeninnendrucks.
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können über einen längeren Zeitraum zu Magen-Darm-Beschwerden und Nierenfunktionsstörungen führen.
Wichtig! Eine potente krankheitsmodulierende (MTX, Leflunomid, Biologika wie TNF-alpha-Blocker, Rituximab oder Tocilizumab etc.) Therapie ist daher schnellstmöglich einzuleiten.
Was sollen RA-Patienten schon bei der Diagnosestellung über Begleiterkrankungen wissen?
Die Erstmanifestation einer Rheumatoiden Arthritis ist in der Regel der Gelenksschmerz bzw. die Gelenksschwellung. Begleiterkrankungen sind jedoch häufig. Ob plötzlich auftretende Atemnot oder Herzschmerzen, belastungsabhängige Brustschmerzen bzw. Hautveränderungen und Augenentzündungen: Achten Sie bitte auf Symptome, die in Zusammenhang mit der Erkrankung stehen könnten, und informieren Sie Ihren behandelnden Arzt darüber. Denn diese Symptome könnten ein Hinweis auf eine entstehende Begleiterkrankung sein. Tipp! Wenn Sie einen Arzt einer anderen Fachrichtung wie z.B. Augenarzt aufsuchen, dann informieren sie ihn bitte, dass Sie ein RA-Patient sind. Das ist eine wichtige Information für die Diagnosestellung.
Darüber hinaus ist das Einhalten der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen wichtig, denn über die klinische Untersuchung und das Blutbild mit Werten zu u.a. Leber, Nieren und Fettstoffwechsel kann der behandelnde Arzt das Entstehen einer möglichen Begleiterkrankung ablesen und im Anlassfall rechtzeitig reagieren. Denn je früher eine Diagnose gestellt wird, desto früher kann mit der Therapie begonnen werden und umso besser ist das Krankheitsmanagement.
AT/RA/0719/0014
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