Knochenschutz geht beide Geschlechter an – vor allem, wenn eine Erkrankung wie Rheumatoide Arthritis vorliegt, erklärt Priv.-Doz. Dr. Roland Kocijan, Facharzt für Innere Medizin und Osteoporose-Spezialist, im Interview (1. Teil).
Wie viele Menschen sind in Österreich von Osteoporose betroffen?
Über 700.000 Menschen, wobei das Verhältnis von Frauen zu Männern bei etwa 4:1 liegt und mehr Frauen als Männer betroffen sind. Die Ursache liegt in erster Linie an den hormonellen Veränderungen nach der weiblichen Menopause (d. h. abrupter Abfall des Östrogenspiegels). Der Testosteronspiegel des Mannes bleibt länger stabil.
Hingegen können beide Geschlechter gleichermaßen von sog. sekundären Osteoporoseformen (d. h. Knochenverlust durch eine Grunderkrankung oder Medikamenteneinnahme) betroffen sein. Was bei u.a. chronisch entzündlichen Gelenkserkrankungen wie Rheumatoide Arthritis der Fall sein kann.
Die Anzahl der Menschen mit der sog. sekundären Osteoporose wird häufig unterschätzt. Oft steht die Grunderkrankung im Vordergrund und eine sekundäre Osteoporose wird übersehen. Bei gleichzeitiger Kortison-Therapie, hoher Krankheitsaktivität der Rheumatoiden Arthritis oder bereits stattgefundenen Frakturen rate ich RA-Patienten zur Abklärung eines möglichen Risikos.
Haben Menschen mit Rheumatoider Arthritis ein erhöhtes Osteoporose-Risiko?
Grundsätzlich kann man sagen: RA-Patienten leben mit einem höheren Risiko für osteoporotische Frakturen (d. h. Knochenbrüchen aufgrund einer Osteoporose). Warum?
RA-Patienten haben eine chronische Entzündungsaktivität. Dies kann zu einer Aktivierung von knochenabbauenden Zellen führen und in weiterer Folge zu Osteoporose. Weiters kann bei vielen RA-Patienten eine systemische Kortisontherapie erforderlich sein, was den Knochen schädigen kann.
Zusätzlich weisen rund 70% der RA-Patienten Autoantikörper (wie RF und ACPA) auf, die zu einer zusätzlichen Aktivierung der Knochenabbauendenzellen führen. Was bedeutet, dass diese Patienten einen höheren Knochenverlust haben als RA-Patienten ohne diese Antikörper.
Darüber hinaus kann es immer wieder bei den Patienten aufgrund von Krankheitsschüben zur Ruhigstellung von einzelnen Körperteilen bzw. Bewegungseinschränkungen kommen. Und wie wir wissen, ist Bewegung ein wichtiger Faktor zur Vorbeugung von Osteoporose bzw. ein wichtiger Teil in der Basistherapie.
Wozu raten Sie RA-Patienten?
Generell wird für Frauen ohne Risikofaktoren ein Osteoporose-Screening mittels Knochenmineraldichte ab dem 65. Lebensjahr empfohlen. Bei RA-Patientinnen soll eine Basisdiagnostik ab der Menopause erfolgen, bei Männern ab dem 60. Lebensjahr.
Wichtig! Bei gleichzeitiger Kortison-Therapie, hoher Krankheitsaktivität der Rheumatoiden Arthritis oder bereits stattgefundenen Frakturen ist eine Abklärung unabhängig vom Lebensalter empfehlenswert!
AT/RA/0317/0004bf
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