Orthopäde Dr. Schuh, Spezialist für Fuß- und Sprunggelenk, klärt in diesem Artikel auf, welche Möglichkeiten es neben medikamentösen Therapien oder Operationen gibt, um Schmerzen und Fußbeschwerden bei rheumatoider Arthritis zu lindern.
Seien Sie „gut zu Fuß“
Gerade bei Rheuma ist es besonders wichtig, gut auf seine Fußgesundheit zu achten. Nicht nur die Vorbeugung von Fehlstellungen ist in diesem Zusammenhang essenziell – mehr dazu lesen Sie in Teil 1 des Interviews „Happy Feet“. Auch die richtige Belastung der Füße ist entscheidend, um Schmerzen und Deformierungen so weit wie möglich zu vermeiden. Orthopädische Einlagen, Schuhzurichtungen und Maßschuhe können dabei helfen.
Arten von Einlagen
Bei Einlagen unterscheidet man zwischen zwei wesentlichen Kategorien. Das sind zum einen die klassischen stützenden Einlagen und zum anderen die propriozeptiven (die Tiefensensibilität betreffenden) beziehungsweise podologischen Einlagen, klärt Orthopäde Dr. Schuh auf.
Eine Einlage ist keine Zahnspange
Auf die Frage, wie Einlagen helfen können, betont Dr. Schuh: „Bei den klassischen stützenden Einlagen ist es leider in den Köpfen manifestiert, dass es sich dabei um eine Art Zahnspange handelt, die sozusagen einen deformierten Fuß, einen Fuß mit Beschwerden, einen schiefen Fuß wieder gerade richten kann. Das kann sie nicht. Sie kann Druck aus belasteten Zonen des Fußes umverteilen, hin zu weniger belasteten Zonen.“
Das heißt, wenn jemand aufgrund einer Fehlstellung Schmerzen hat, dann ermöglicht es die Einlage, diese zu reduzieren, da die Belastung am Ort des Geschehens reduziert wird. Sie kann allerdings nicht irgendeine Deformität beheben. Deswegen sind Einlagen zur Vorbeugung eigentlich nicht geeignet. Zur Erhaltung der Fußgesundheit sind vielmehr kräftigende Übungen im Vordergrund zu sehen, so der Experte.
Wenn allerdings schon Fehlstellungen oder Schäden an den Gelenken bestehen, dann ist es natürlich sinnvoll, Einlagen zu verwenden, weil man so einerseits die Schmerzen reduzieren und andererseits die Druckverteilung am Fuß doch etwas verbessern kann. Üblicherweise ist das jedoch erst bei einem etwas fortgeschrittenen Stadium der Fuß-Fehlstellungen notwendig.
Podologische Einlagen für RheumapatientInnen
Podologische Einlagen sind aktivierende Einlagen. Durch spezielle Erhöhungen und Ausnehmungen in der Einlage werden diverse Muskelgruppen aktiviert. Dementsprechend können diese bei der frühzeitigen Vorbeugung oder bei nur leichten Beschwerden ohne wesentlicher Fehlstellung helfen, erklärt Dr. Schuh.
Dabei ist gut zu wissen:
- Es sollte keine ausgedehnte Fehlstellung des Fußes vorliegen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass die podologische Einlage da noch etwas verbessern kann, gering ist.
- Auch wenn die wahrgenommenen Therapieerfolge damit sehr hoch sind, ist der wissenschaftliche Beweis zur Wirksamkeit noch sehr mangelhaft. Dennoch heißt das nicht, dass podologische Einlagen nicht helfen, betont Dr. Schuh ganz klar.
Der Orthopäde empfiehlt podologische Einlagen daher gewissen PatientInnen durchaus. Diese leitet er an PhysiotherapeutInnen weiter, die podologische Einlagen anpassen. Gleichzeitig räumt Dr. Schuh ein, dass er bei seinem individuellen Patientenkollektiv grundsätzlich sehr wenige Einlagen verschreibt und insgesamt kein großer Einlagenfreund ist.
Grenzen und Nachteile von Einlagen
„Oft erzählen Patienten, sie haben eh immer Einlagen getragen und dennoch bestehen Beschwerden am Fuß“, so Dr. Schuh. „Die Einlage kann das nicht verhindern. Sie kann keine muskulären Dysbalancen oder zu schwache Fußmuskulatur kompensieren und sie kann auch keinen schiefen Fuß gerade machen. Leider ist es aber vielfach so, dass Einlagen aus verschiedensten Gründen oftmals sehr leichtfertig verordnet werden, ohne, dass wirklich eine absolut diskussionslose medizinische Notwendigkeit vorliegt“, merkt Dr. Schuh an. In vielen Fällen wäre die konsequente Kräftigung der Fußmuskulatur durch Physiotherapie oder Übungen zu Hause zielführender.
Orthopädische Schuhzurichtungen und Maßschuhe
Dr. Schuh erklärt, was neben Einlagen das Mittel der Wahl ist, wenn stärkere Beschwerden vorliegen: „Die Einlage ist das gelindeste Mittel, weil sie in eine Vielzahl von Schuhen eingelegt werden kann. Sie hat aber auch die geringste Potenz. Das heißt, je ausgedehnter Fehlstellung, Beschwerden und Deformitäten sind, desto eher benötigt man eine orthopädische Schuhzurichtung oder einen orthopädischen Maßschuh. Das ist also abhängig vom Ausmaß der Fehlstellung oder der Abnützung.“
Die meisten OrthopädInnen arbeiten mit BandagistInnen zusammen, die direkt vor Ort in der Ordination sind. In enger Abstimmung mit den ÄrztInnen wird dann das Technik-Konzept erstellt. Die tatsächliche Fertigung erfolgt durch die BandagistInnen.
Keine ‘Angst’ vor Gesundheitsschuhen
Der Gedanke an Gesundheitsschuhe ist für Betroffene manchmal abschreckend. Obwohl es bei Gesundheitsschuhen natürlich nicht primär ums Design geht, sondern die Form der Funktion folgen muss, ist diese Sorge heutzutage meist unbegründet. „Da hat sich Gott sei Dank sehr vieles getan, wobei man natürlich schon einschränkend dazusagen muss, Louboutin (Anm. Redaktion: Designerschuhe) sind es nicht unbedingt, aber bei den Schuhzurichtungen wird durchaus schon Wert auf Ästhetik gelegt“, beruhigt Dr. Schuh.
Gleichzeitig stellt er klar: „Im Falle von ganz schweren Deformitäten, die durch den orthopädischen Maßschuh schon grenzwertig zu halten sind, ist man natürlich eingeschränkt. Insofern als man den Maßschuh so fertigen muss, dass er wirklich auch die Deformität und die Probleme des Patienten adressiert. Und da spielen dann optisch ästhetische Aspekte natürlich weniger eine Rolle.“
Wie häufig man seine Schuhzurichtungen oder Maßschuhe tragen sollte
„Jede orthopädietechnische Versorgung oder Maßnahme entfaltet dann eine Wirkung, wenn man sie verwendet. Das heißt, man sollte sie, sofern sie, wie gesagt, tatsächlich angezeigt und notwendig ist, schon möglichst frequent tragen“, betont der Experte.
Dr. Schuhs Lieblingsschuhe
„Ich trage die allermeiste Zeit des Tages, momentan insbesondere in der Ordination, ganz leichte Turnschuhe oder Sneakers, die eine wabenförmige, flexible Barfußsohle haben. Die finde ich persönlich wahnsinnig angenehm, muss aber dazusagen, dass ich selbst keine wesentliche Fuß-Fehlstellung habe. Ist man also frei von Fehlstellungen, so sind derartige Barfußschuhe eine gute Möglichkeit. Wenn man jedoch Fehlstellungen hat, ist ein Schuh, der über eine zusätzliche Stütze oder Stabilisierung verfügt, eher geeignet“, so Dr. Schuh.
Fazit des Orthopäden:
Eine vom Neurologen gut eingestellte medikamentöse Therapie ist essenziell, um ausgeprägte Deformitäten und oft auch Operationen zu vermeiden.
Das gilt auch bei Rheuma. Lassen Sie sich daher frühzeitig von Ihrem Orthopäden oder einem Physiotherapeuten beraten. Um die Fußgesundheit zu erhalten oder zu verbessern, sind konsequent durchgeführte Kräftigungsübungen das Um und Auf. Auch podologische Einlagen können vorbeugend unterstützen.
Sind am rheumatischen Fuß bereits deutliche Fehlstellungen der Gelenke oder Deformierungen eingetreten, dann lindert das Tragen von orthopädischen Einlagen, Schuhzurichtungen oder Maßschuhen die Beschwerden durch bessere Druckverteilung. Sie haben jedoch keine heilende Wirkung. |
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