Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle in unserem täglichen Leben. Umso wichtiger ist es, sie gesund zu gestalten – besonders für Menschen mit rheumatoider Arthritis. Welche Ernährungsweise dabei empfehlenswert ist, hat uns die Rheumatologin Frau Dr. Eichbauer-Sturm verraten.
Im ersten Teil des Interviews erfahren Sie, wie Menschen mit rheumatoider Arthritis ihren Ernährungsplan gesund gestalten können. Am Ende des Artikels warten noch leckere Rezeptideen auf Sie.
1. Welche Rolle spielt die Ernährung bei rheumatoider Arthritis?
Was wir essen spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit. Das gilt besonders für Menschen mit Rheuma, denn die Ernährung hat auch einen Einfluss auf das Entzündungsgeschehen. Betroffene sollten also möglichst viele Nahrungsmittel zu sich nehmen, die Entzündungen hemmen und solche meiden, die Entzündungen fördern. Trotzdem darf die Ernährung aber nicht in Stress ausarten, sondern soll auch noch Genuss bleiben – seien Sie also auch nicht zu streng mit sich. Mithilfe einer gesunden, entzündungshemmenden Ernährung kann es gelingen, Schmerzen und Schwellungen deutlich zu reduzieren.
Aber Achtung: Auch die beste Ernährung ersetzt die Behandlung mit Medikamenten nicht. Eine gesunde Ernährung ist als Basis für ein gesundes Leben eine gute Ergänzung, aber kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie.
2. Worauf sollten Menschen mit Rheuma bei der Ernährung besonders achten?
Ich empfehle eine vorwiegend pflanzenbasierte Ernährung. Dabei sollte man darauf achten, viel Gemüse in den Speiseplan zu integrieren. Auch tierische Produkte finden Platz in einer gesunden Ernährung bei Rheuma, solange sie in Maßen verzehrt werden. Die Hauptsache ist, dass man ein ausgewogenes Verhältnis an Nährstoffen zu sich nimmt. Die wichtigsten sind Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett. Getreide ist vor allem in Form von Vollkornprodukten eine gute Kohlenhydratquelle, da darin mehr Nährstoffe enthalten sind als in Weißmehlprodukten. So eignen sich zum Beispiel Vollkornnudeln, Vollkornbrot oder Haferflocken gut, um den Kohlenhydratbedarf zu decken. Menschen mit Rheuma sollten auch besonders darauf achten, ausreichend Eiweiß und hochwertige pflanzliche Öle zu sich zu nehmen. Fisch, Fleisch und Hülsenfrüchte sind wichtige Eiweißlieferanten.
3. Wie gelingt es, Gerichte möglichst ausgewogen zusammenzustellen?
Dabei kann die Teller-Methode helfen: Stellen Sie sich den Teller vor wie eine Uhr. Füllen Sie möglichst immer etwa 15 Minuten, also ein Viertel, mit einer Kohlenhydratquelle (zum Beispiel Vollkorngetreide), 15 Minuten mit einer Eiweißquelle (zum Beispiel Fleisch oder Hülsenfrüchte) und die restliche Hälfte des Tellers mit Gemüse. Natürlich müssen Sie keinesfalls bei jeder Mahlzeit penibel jeden Teller abmessen, aber das ist insgesamt eine gute Richtlinie.
4. Worauf können Rheuma Betroffene bei der Auswahl der Fette achten?
Ich empfehle: Setzen Sie mehr auf pflanzliche Öle statt auf tierische Fette. Besonders Öle mit alpha-Linolensäuren, einer Omega-3-Fettsäure, sind sehr zu empfehlen – zum Beispiel Leinöl, Walnussöl, Weizenkeimöl oder Rapsöl. Auch Nüsse enthalten viele wichtige Omega-3-Fettsäuren und können gut als gesunde Snacks in den Ernährungsplan eingebaut werden. Personen, die zu Übergewicht neigen, sollten es aber mit der Menge nicht übertreiben – circa 20 Gramm Nüsse pro Tag sind ein gutes Maß. Auch Öle, die gamma-Linolensäuren enthalten, wie Nachtkerzenöl, Borretschöl sowie das Öl der schwarzen Johannisbeere sind besonders empfehlenswert.
Die Erfahrung zeigt, je mehr pflanzliche Öle Menschen mit rheumatoider Arthritis zu sich nehmen, desto besser geht es ihnen. Daher rate ich Ihnen Öle mit alpha- und gamma-Linolensäure möglichst täglich in den Speiseplan zu integrieren. Sie schmecken zum Beispiel gut in Gemüsegerichten oder Salat. Nehmen Sie die Öle idealerweise möglichst wenig erhitzt zu sich, damit die wichtigen Inhaltsstoffe erhalten bleiben.
5. Was sollten Menschen mit Rheuma bezogen auf Eiweiß beachten?
Bei rheumatischen Erkrankungen ist es besonders wichtig, darauf zu achten, genügend Eiweiß zu sich zu nehmen. Leider wird PatientInnen oft gesagt, dass sie vor allem tierisches Eiweiß, also Fleisch und Fisch eher meiden sollen. So entsteht aber leicht eine Unterversorgung. Denn oft werden auch Gerichte mit pflanzlichem Eiweiß, etwa in Form von Bohnen oder Linsen, nur selten gekocht. Besonders für Menschen mit Rheuma lohnt es sich, Hülsenfrüchte regelmäßig in die Ernährung einzubauen. Leider wird pflanzliches Eiweiß aber insgesamt nicht so gut vom Körper aufgenommen wie tierisches.
6. Würden Sie daher empfehlen, Fleisch und Fisch regelmäßig zu essen?
Ja, ich rate PatientInnen Fleisch und Fisch ein bis zweimal pro Woche in den Ernährungsplan zu integrieren. Bei Fisch sind besonders fette Arten empfehlenswert, da sie viele wertvolle Omega-3-Fettsäuren enthalten. Dazu zählen zum Beispiel Lachs, Makrele oder Hering. Auch einheimische Fischarten wie Forelle oder Saibling sind gute Optionen. Sie enthalten zwar meist weniger Omega-3-Fettsäuren, aber die kann man ergänzen, indem man etwas Omega-3-haltiges Pflanzenöl wie zum Beispiel Leinöl darüberträufelt.
Bei Fleisch lohnt es sich, auf gute Qualität zu achten. Billiges Fleisch von Tieren aus der Massenzucht würde ich nicht empfehlen. Greifen Sie stattdessen möglichst zu Fleisch von Tieren, die viel Gras fressen. Im Vergleich zum Fleisch von Raubtieren und Allesfressern wie Schweinen enthält das von grasfressenden Tieren weniger Arachidonsäure, die Entzündungen fördern kann. Tiere in der Mastzucht bekommen meist hauptsächlich Getreide zu fressen und sind nicht zu empfehlen. Aus guter Freilandhaltung sind Geflügel, Lamm und Rind gute Fleisch-Optionen. Im Idealfall holt man sein Fleisch direkt von einem Bauernhof, bei dem die Tiere ausreichend Freilauf bekommen. Auch Wild eignet sich als hochwertige Eiweißquelle besonders gut, da es viele Omega-3-Fettsäuren enthält.
7. Haben auch Milchprodukte Platz in einem gesunden Ernährungsplan?
Milch versorgt den Körper mit wichtigen Vitaminen und Kalzium. Aufgrund des erhöhten Osteoporose-Risikos ist Kalzium besonders wichtig für Menschen mit rheumatoider Arthritis, da es hilft, Osteoporose vorzubeugen. Neben Kalzium enthält Milch auch Vitamin A, D sowie B-Vitamine und Jod. Ich würde also empfehlen: Wenn Sie Milch vertragen, dann integrieren Sie Milchprodukte regelmäßig in den Speiseplan. Drei Portionen Milchprodukte pro Tag sind eine gesunde Menge. Eine Portion entspricht etwa einem Achtel Liter Milch oder Joghurt beziehungsweise 50 Gramm Käse.
8. Wie viel Obst und Gemüse sollte auf dem Teller landen und welche Sorten sind besonders gesund?
Achten Sie darauf, reichlich Gemüse in Ihre Ernährung zu integrieren. Auch Obst ist wichtig, sollte aber wegen dem enthaltenen Fruchtzucker in kleineren Mengen gegessen werden als Gemüse. Ich rate, eher zuckerärmere Sorten wie Äpfel oder Birnen auszuwählen. Besonders gesund sind auch Beeren. Denn diese stecken voller wertvoller Vitamine.
Pro Tag ist etwa eine Menge von 450 Gramm Gemüse und 250 Gramm Obst empfehlenswert. Besonders gesundheitsförderlich sind zum Beispiel Lauchsorten wie Knoblauch und weißes Gemüse, denn diese können sogar krebsvorbeugend wirken. Zusätzlich können Sie sich bei der Auswahl von Gemüse an den Ampelfarben orientieren. Für die kräftigen Farben sind nämlich gesunde sekundäre Pflanzenstoffe wie Polyphenole verantwortlich, die unzählige nützliche Eigenschaften aufweisen: Sie helfen, Entzündungen zu hemmen, Gehirnzellen und Gefäße zu schützen, Viren abzuwehren und wirken antioxidativ. Bauen Sie also täglich neben weißem Gemüse auch gelbes, oranges, rotes und grünes in den Speiseplan ein. Greifen Sie zum Beispiel zu Karotten, roter Paprika, Spinat, roten Rüben oder Salat. Auch Kohlsorten liefern viele sekundäre Pflanzenstoffe und sind eine wertvolle Quelle für Vitamin C – besonders im Winter.
Zusätzlich würde ich dazu raten, möglichst regionales Obst und Gemüse einzukaufen. Das ist oft weniger mit Pestiziden verunreinigt. Besonders gesund sind auch oft alte Sorten, die man etwa am Markt findet. Denn viele der neueren sind möglichst süß und resistent gezüchtet, was sie schlechter verträglich macht. Eine weitere Empfehlung für Menschen mit rheumatoider Arthritis: Verwenden Sie viele Gewürze. Die sorgen nicht nur für Abwechslung im Geschmack, sondern haben auch viele gesundheitsfördernde Eigenschaften.
9. Welche Gewürze würden Sie Menschen mit Rheuma besonders empfehlen?
Ich würde Rheuma Betroffenen Curcuma, Ingwer, Chili, Koriander, Kreuzkümmel und Muskatnuss besonders ans Herz legen. Denn diese Gewürze wirken entzündungshemmend und schmerzstillend. Schon eine Messerspitze am Tag kann dazu beitragen, Entzündungen zu reduzieren. Man muss also nicht kräftig würzen – auch kleine Mengen reichen aus. Ich würde empfehlen, diese Gewürze möglichst täglich zumindest in kleinen Dosen in die Ernährung einzubauen.
Im zweiten Teil des Interviews befassen wir uns unter anderem mit Genuss: von Schokolade bis Wein – ein Grund dran zu bleiben!
Rezepte
Gebratenes Rehfilet mit Kohlsprossenblättern Zutaten für 4 Personen: Für die Kohlsprossen: Zubereitung: |
Leichte Bohnensuppe mit Thymian Zutaten für 4 Personen: Zubereitung: |
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Titelbild: © aamulya / AdobeStock